13.06.2001, Taibei [Abschlußvortrag des Gastsemesters an der
Sinologischen Abteilung der National Taiwan University]
Sima Qian als Polyhistor – am Beispiel seines
Urteils über Qin
Der Han-Philosoph Yang Xiong (53 v. – 18. n. Chr.) warf Sima Qian
(ca. 145 – ca. 86 v. Chr. ), dem Autor des Shiji, in seinem
Werk Fayan („Die Worte [des Konfuzius] zum Vorbild nehmen“) vor,
er sei „duozhi“ – jemand, der (zu)viel weiß – eben
das, was sich hinter dem Begriff eines „Polyhistor“ verbirgt. Der Frage
nach der genauen Bedeutung dieses Begriffs, dem Hintergrund des von
Yang Xiong gegenüber Sima Qian ausgesprochenen Vorwurfs und dem, worauf
sich dieser Vorwurf gründet, wird in dem Vortrag nachgegangen.
Am Beispiel der Erörterung der Qin-Dynastie, beginnend
mit der Entwicklung des Staates Qin, über die Zeit der Reichseinigung
unter dem Ersten Kaiser von Qin bis zum Untergang der Dynastie werden
die Argumente, die im Shiji reflektiert werden, auf die hinter
ihnen stehende Geisteshaltung untersucht. Sodann wird erörtert,
inwieweit der Vorwurf, er sei „duozhi“, auf Sima Qian zutrifft und inwieweit
darin vor allem das Mißverständnis und die Geringschätzung
seitens eines „konfuzianisch“ geprägten Dogmatikers gegenüber
einem Universalgelehrten zum Ausdruck kommt.